voestalpine-LEHRLINGE LÄUTEN BEI
Den jüdischen Opfern der NS-Zeit setzt der Künstler Andreas Strauss prägnante „Erinnerungszeichen“ im Linzer Stadtbild: In Form von mehreren Stelen mit etwa 200 Messingklingeln, die er mit voestalpine-Lehrlingen entwickelt, getestet und angefertigt hat.
Er hat schon einen Erste-Hilfe-Kasten zur Vogelniststätte umfunktioniert, einen dreirädrigen Kleintransporter zur fahrbaren Pizzeria gemacht, einen Gastro-Container vergoldet, Gehsteigmobiliar zur Grätzelbelebung gebaut, eine Mülltonne zur mobilen Garküche umgerüstet und unter dem Titel „Sandleitenbank“ eine Park- zur Datenbank der Erinnerungen einer Gruppe von Widerstandskämpfer:innen gegen das NS-Regime verwandelt: Was immer der umtriebige Linzer Künstler, Designer und Ausstellungsgestalter Andreas Strauss angreift, hat einerseits Witz und andererseits gesellschaftlichen Mehrwert.
Klingeln bei den Toten
In seiner jüngsten Arbeit setzt Strauss die Auseinandersetzung mit der NS-Zeit fort, nachdem er einen Wettbewerb der Stadt Linz zur Sichtbarmachung der Vergangenheit von Oberösterreichs Landeshauptstadt als „Führerstadt“ und Lieblingsort von Adolf Hitler für sich entschieden hat. Mit einem Konzept, das typisch für seine subtile Herangehensweise ist: Stelen im öffentlichen Raum erinnern mit eingravierten Namen, Lebensdaten und Adressen an die überwiegend jüdischen Opfer des Nazi-Terrors. Direkt neben den Namen sind mechanische Türklingeln in die Pfeiler eingelassen. Werden sie gedrückt, geben sie einen leisen Ton von sich.
Atelier Lehrwerkstatt
Auf der Suche nach dem richtigen Umsetzungspartner kam Strauss rasch zum voestalpine-Ausbildungszentrum in Linz. Dort waren nach der Einwilligung von den Verantwortlichen des Ausbildungsbetriebes und dem vollen Wissen um die Komplexität des Vorhabens auch die Lehrlinge begeistert für das Projekt mit dem Künstler – für den im Ausbildungszentrum ein eigener Arbeitsplatz eingerichtet wurde.
Für die Begeisterung sorgte nicht nur die erhebliche Herausforderung, eine besonders robuste mechanische Klingel zu konstruieren und kleinserienreif zu machen. Sondern auch das mitreißende Naturell des Gestalters, der bereits öfter kollegial mit jungen Leuten zusammengearbeitet hat.
Zusammen zaubern
Auch Karl Drescher, Sandra Pichler, Maximilian Pöschl und Sebastian Neunteufel von voestalpine waren vom gemeinsamen Tüfteln und Prototypen auf Augenhöhe mit dem Künstler begeistert, der im Ausbildungszentrum bald mit dem vielsagenden Spitznamen „Zauberer“ bedacht wurde: „Die Zusammenarbeit war sehr freundschaftlich, und es ist ein gutes Gefühl, bei etwas Größerem mitzuwirken.“
Bis das finale Modell in Modulbauweise aus insgesamt 16 Komponenten nach einem Härtetest mit 50.000-maligem Klingeldrücken feststand, wurden mehrere Zwischenvarianten entwickelt und wieder verworfen. Wodurch Strauss‘ junge Mitgestalter:innen durch alle Höhen und Tiefen eines solchen Projektes gingen.
Maschinenbautechnik als Kunst
Was die angehenden Maschinenbautechniker:innen geleistet haben, kann sich wirklich sehen lassen: Sie zeichneten die Konstruktionspläne, fertigten das Presswerkzeug für die Klingelschalen, die Zuschnitte sowie die Biegekonstruktion der Klingelkörper. „Es war eine wirklich anspruchsvolle Geschichte“, ist Ausbilder Harald Mühleder auf seine Schützlinge stolz.
Sie selbst wissen um den Wert der mit dem „Zauberer“ gemachten Erfahrung, haben deswegen aber keine berufliche Veränderung im Sinn: „Ins Künstlerleben zu schnuppern war sehr spannend, bei der voestalpine bleiben wir aber trotzdem gerne.“
Bürgermeister Klaus Luger gemeinsam mit Botschafter Mordechai Rodgold, Künstler Andreas Strauss mit den voestalpine-Lehrlingen Sandra Pichler und Karl Drescher, der Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde Charlotte Herman, Kulturstadträtin Doris Lang-Mayerhofer und Stadträtin Mag.a Eva Schobesberger bei der Aufstellung der Stele durch zwei Lehrlinge der voestalpine im Bernaschekpark in Urfahr.
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