Das Konzept der Kreislaufwirtschaft mit einem geschlossenen Material- und Energiekreislauf löst die traditionelle lineare Wirtschaft ab, in der Ressourcen den Prozess Gewinnung > Produktion > Verbrauch > Entsorgung durchlaufen. Im Geschäftsbereich High Performance Metals (HPM) haben wir uns zum Ziel gesetzt, dieses Modell unter inSPire konsequent in unseren Geschäftsprozessen umzusetzen, zum Beispiel durch Projekte zur Weiterentwicklung von Material- und Schrottkreisläufen und zum Recycling von End-of-Life (EOL) Werkzeugen.
Metallschrott ist ein zunehmend wichtiger Rohstoff für die Stahlindustrie. Vor allem die Nachfrage nach sortenreinem Schrott steigt ständig. Das liegt unter anderem an der Umstellung der Produktionsverfahren von Hochöfen auf umweltfreundlichere Elektrolichtbogenöfen. Für unsere Stahlwerke ist Metallschrott daher einer der wichtigsten Rohstoffe, weshalb wir sowohl intern als auch gemeinsam mit Kunden und Partnern die Schließung von Stoffkreisläufen vorantreiben. Dies hat zwei wesentliche Vorteile. Zum einen werden Primärrohstoffe eingespart, zum anderen wird ein Metallschrott mit guter CO2-Bilanz ermöglicht. Auf diese Weise können wir wertvolle Ressourcen einsparen und unseren ökologischen Fußabdruck verringern.
Mit Hilfe unserer Projekte und Prozessänderungen wollen wir bis 2030 eine Recyclingquote von Sekundärmaterialien von über 90 % in der Produktion erreichen, verglichen mit 81 % im Jahr 2019. Über unsere Ziele haben wir bereits in einem früheren Blog-Artikel berichtet.
Um dieses Ziel zu erreichen, setzen wir verstärkt auf Projekte und Entwicklungen zur Schließung von Schrottkreisläufen. Dies geschieht innerhalb der HPM Division nicht nur an den Produktionsstandorten, sondern auch in Zusammenarbeit mit den Value Added Services (VAS) Unternehmen. Bei der Verarbeitung fällt Schrott an, der nach Sorten gesammelt und in den Produktionskreislauf zurückgeführt wird. Durch die Zusammenarbeit mit vielen der VAS-Unternehmen in Europa tragen wir zu einer nachhaltigen Versorgungssicherheit mit Schrott und anderen kritischen Materialien bei.
Die Verwertung erfolgt je nach Standort entweder über unsere Vertriebsgesellschaften und/oder über Schrottpartner oder – in besonderen Fällen – in Form von Direktlieferungen an das Werk.
Das Interesse an recyceltem Stahl kommt aus einer Vielzahl von Branchen: Von der Luftfahrt bis zur Schweizer Uhrenindustrie schätzen viele Unternehmen die guten Recyclingeigenschaften von Stahl und die damit verbundenen nachhaltigen Vorteile.
“In der Schweizer Luxusuhrenindustrie sind Kreislaufwirtschaft, Reduktion des CO2-Fußabdrucks und eine transparente Lieferkette wichtige Themen. Unsere Kunden fordern bereits heute Recyclingquoten von über 85% – Tendenz steigend”, sagt Carsten Harms, Geschäftsführer von voestalpine High Performance Metals Schweiz. Dort hat man bereits ein erfolgreiches Kreislaufkonzept etabliert. Die Kunden werden mit speziell angefertigten Boxen beliefert, in denen sie den Schrott, der bei der Produktion aus unserem Vormaterial anfällt, sammeln. Die gefüllten Boxen werden gesammelt, gegen leere ausgetauscht und schließlich als Schüttgut zu unserem Werk in Kapfenberg transportiert, wo wir den Schrott wieder in unsere Produktion integrieren.
Was nach einem einfachen Konzept klingt, birgt viele Herausforderungen, denen mit innovativen Ansätzen begegnet werden muss. Die Internationalität des Geschäftsbereichs stellt besondere Anforderungen an die Logistik im Zusammenhang mit Kreislaufprozessen. Zudem unterliegen wir länderspezifischen regulatorischen Anforderungen für den Transport von Waren und Schrott.
Mit Kooperationen und Partnerschaften schaffen wir eine gute Basis für die kontinuierliche Weiterentwicklung unserer Logistikprozesse. Unsere strategischen Partner, die Schrottaufbereiter, spielen mit ihrem europaweiten Netzwerk eine besonders wichtige Rolle. Sie sorgen für das richtige Handling sowie die Sortierung, Aufbereitung und Lagerung von Metallschrotten und ermöglichen uns die sachgerechte Wiederverwendung der Materialien.
“Die Zusammenarbeit mit unserem Schrottpartner ist wichtig, damit wir das Material im Werk effektiv wiederverwenden können. Eine besonders wichtige Aufgabe ist die sortenreine Trennung der legierten Schrotte, die wir für unsere hochwertigen Edel- und Sonderstähle benötigen. Dass dies durch einen verlässlichen und qualifizierten Partner erfolgt, erspart uns den eigenen Aufbau dieser Ressourcen”, betont Heike Jauck, verantwortlich für den Rohstoffeinkauf bei voestalpine BÖHLER Edelstahl in Kapfenberg.
Post-Verbraucher-Abfälle haben ein besonders hohes Recyclingpotenzial. Dabei handelt es sich um Abfälle, die von Endverbrauchern nach dem Kauf und der Nutzung eines Produkts erzeugt werden. Für die Metallindustrie stellen sie eine wichtige Rohstoffquelle dar. Viele Metalle, die in Post-Verbraucher-Abfällen enthalten sind, können recycelt und zur Herstellung neuer Produkte wiederverwendet werden. Bei den Abfällen handelt es sich in der Regel um Haushaltsschrott aus der Sperrmüllsammlung, Schrott aus Elektroaltgeräten (WEEE-Schrott) und Altfahrzeugen, bei denen wertvolle Metalle wie Molybdän oder Wolfram in der Regel Verbundwerkstoffe sind. Für die weitere Verarbeitung müssen sie jedoch nach Sorten sortiert werden. Die Trennung und Sortierung ist sehr zeitaufwändig, weshalb wir an besseren Sortiertechnologien forschen, um die Qualität des Schrotts zu verbessern – beispielsweise durch den Einsatz künstlicher Intelligenz (KI).
KI wird in vielen Wirtschaftszweigen und auch für uns immer wichtiger. So startet beispielsweise das geförderte Projekt “KIRAMET” im Jahr 2023. Es verfolgt das übergeordnete Ziel, durch den Einsatz von KI bestehende Recyclingprozesse zu verbessern und damit Altschrott wiederverwertbar zu machen, wodurch wir unsere Prozesse klimafreundlicher gestalten können. Dies wird erreicht, indem wir den Einsatz von Rohstoffen in der Produktion reduzieren und die Ressourceneffizienz steigern, wodurch wir unseren ökologischen Fußabdruck verringern können. Durch die Wiederverwendung und das Recycling von Materialien, die bereits im Umlauf sind, leisten wir einen wesentlichen Beitrag zur Sicherung der Rohstoffversorgung.
Und hier kommt die KI ins Spiel: Sie kann die Sortierung von Abfällen, z. B. von Post-Consumer-Abfällen, verbessern und das potenzielle Inputvolumen erhöhen, während gleichzeitig die Qualitätsanforderungen steigen. Digitale Technologien und KI unterstützen den Fortschritt des Recyclings, indem sie helfen, große Datenmengen zu analysieren und zu nutzen. Es wird erwartet, dass KI-gestützte Plattformen in Zukunft das Angebot und die Nachfrage nach Sekundärstoffen in der Branche zusammenbringen werden.
Auch Altwerkzeuge (EOL-Werkzeuge) bieten ein großes Potenzial für das Recycling. Dabei handelt es sich um kleine und große Werkzeuge wie Wälzfräser aus Schnellarbeitsstahl oder Druckgussformen. Sie werden zum Beispiel beim Aluminiumguss in der Automobilindustrie eingesetzt. Dazu wird heißes Aluminium bei ca. 700-750°C in die Form gepresst, wo es schließlich in der gewünschten Form erstarrt. Bei diesem Prozess wird das Werkzeugmaterial stark beansprucht, was zu Verschleiß führt. Das Werkzeug muss an den Stellen, an denen es direkt mit dem heißen Aluminium in Berührung kommt, viel früher erneuert werden als an seinen äußeren Teilen. Unsere Aufgabe in diesem Prozess ist es, den Werkzeugmachern den Hochleistungsstahl zu liefern.
Gemeinsam mit unserem Partnernetzwerk befinden wir uns derzeit in der konzeptionellen Phase der Weiterentwicklung des EOL-Werkzeugrecyclings. Unser Ziel ist es, die Werkzeuge am Ende ihrer Nutzungsdauer von unseren Kunden bzw. Werkzeuganwendern zurückzunehmen, um die darin enthaltenen Rohstoffe wieder in den Kreislauf zu bringen. Dabei setzen wir auf eine enge Zusammenarbeit mit Schrottpartnern. Diese demontieren die Werkzeuge und sortieren die darin enthaltenen Materialien.
Der Vorteil für uns und unsere Kunden ist, dass wir bei der Rücknahme unserer eigenen Produkte die Herkunft der Materialien und damit auch deren Qualität und Zusammensetzung kennen. Auf diese Weise können wir sicherstellen, dass unsere Hochleistungsmaterialien strengen Qualitätsstandards entsprechen, während wir gleichzeitig den Verbrauch von Primärrohstoffen reduzieren und die Versorgungssicherheit erhöhen.
Viele Produkte enthalten wertvolle Metalle und haben daher das Potenzial, selbst als Rohstoffquelle zu dienen. Ein großer Teil der CO2-Emissionen, die bei der Herstellung von Hochleistungswerkstoffen entstehen, stammt aus der Rohstofflieferkette und entsteht bei der Gewinnung und Verarbeitung von Legierungselementen wie Nickel und Chrom. Durch das Recycling von legiertem Schrott wollen wir den Einsatz von Primärlegierungen und damit die CO2-Emissionen deutlich reduzieren.
Indem wir bereits im Umlauf befindliche Schlüsselmaterialien in unsere Produktionsprozesse integrieren, statt immer wieder auf neue Materialien zurückzugreifen, können wir den Einsatz von Primärrohstoffen reduzieren und so zur künftigen Versorgungssicherheit mit wichtigen Materialien beitragen sowie unseren CO2-Fußabdruck verringern.